„Burn-out, Depression – Zurück im Job nach psychischer Erkrankung“
Stehen Sie nach einer (schweren) psychischen Erkrankung vor der Rückkehr in ihr Berufsleben, haben Sorgen, stellen sich Fragen darüber, wie der Wiedereinstieg gelingen kann oder freuen Sie sich wieder zu arbeiten? Welche Unterstützungsangebote können in Anspruch genommen werden, vor welchen Herausforderungen stehen die Beteiligten und wie funktioniert solch eine individuelle Wiedereingliederung in den Berufsalltag?
Antworten auf die Fragen und weitere spannende Einblicke in die umfassende Vorgehensweise des Betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) liefern Ihnen vier Expert*innen aus Wissenschaft und Praxis.
Unter dem Titel „Burn-out, Depression – Zurück im Job nach psychischer Erkrankung“ wurden Marianne Giesert (Projekt BEMpsy und Geschäftsführung des Instituts für Arbeitsfähigkeit in Mainz), Prof. Dr. Katja Nebe (Lehrstuhl für bürgerliches Recht, Arbeitsrecht, Recht der sozialen Sicherheit an Martin-Luther-Universität in Halle-Wittenberg), Dr. Hans-Peter Unger (Psychiater, Psychotherapeut, 25 Jahre Chefarzt des Zentrums für seelische Gesundheit an Asklepios Klinik Hamburg-Harburg, Studienleiter des Projekts RTW-PIA Hamburg) und Dr. med. Wolfgang Panter (Präsident Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte e. V.) interviewt.
Grundvoraussetzung für eine nachhaltige Wiedereingliederung sei der Wille des Unternehmens, das BEM aktiv durchzuführen und die frühzeitige Einbindung aller Kolleg*innen (Panter, Nebe). Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen werden durch die Neuauflage des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) zur ganzheitlichen arbeitsmedizinischen Vorsorge leichter, da auch nicht nur konkrete Risiken am Arbeitsplatz, sondern der Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit in den Vordergrund gerückt wird (Panter).
Untersuchungen zufolge lässt sich festhalten, dass das BEM in Betrieben mit einem Betriebsrat und einer Schwerbehindertenvertretung gut funktioniert (Nebe). Allerdings bestehen noch viele, insbesondere kleine- und mittlere Betriebe, ohne etabliertes BEM-Verfahren (Giesert). Durch den BEM-Prozess hinweg sind Unterstützungsleistungen der Rehabilitationsträger und den Integrationsfachdiensten notwendig, da die Selbstmanagementfähigkeit von Betroffenen eingeschränkt sein kann (Nebe). Darüber hinaus deutet Nebe auf das Bundesteilhabegesetz (BTHG) hin, welches die Rehabilitationsträger dazu verordnet mit allen Unterstützungsmöglichkeiten an den betroffenen Menschen dranzubleiben.
Fast alle betonten die Herausforderung der Wiedereingliederung von psychischen Erkrankungen durch die Angst vor Stigmatisierung. Obwohl sich in den letzten 20 Jahren eine positive Tendenz zur Rückentwicklung von Stigmatisierung zeigt, so Panter, öffnen sich Betroffene bezüglich ihrer psychischen Erkrankung(en) meist erst innerhalb des vertrauensvollen BEM-Prozesses, betonte Giesert. Innerhalb des BEM-Prozesses wird individuell auf die Gesundheit und die Kompetenzen des Betroffenen eingegangen, um konkrete Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen. In Abstimmung und Zusammenarbeit des Betriebes sind die Betriebsärzt*innene gefordert, die Einstiegsphase für Betroffene gut zu gestalten (Panter). Der Schwerpunkt liegt hierbei auf der Vorbereitung und der gedanklichen Durcharbeitung, sodass eine stufenweise Wiedereingliederung umgesetzt werden kann (Panter).
Besonders bei psychischen Erkrankungen sei es für die Betroffenen in Abstimmung mit ihren Arbeitgebenden wichtig zu überlegen, welche Tätigkeiten in Zukunft am Arbeitsplatz durchführbar sind und welche nicht. Insbesondere weil nicht vergessen werden darf, dass Betroffene nicht nur Halbtagsbeschäftigte sind, sondern weiterhin krankgeschrieben (Unger).
Das BEM wird beendet, sobald Betroffene an ihrem Arbeitsplatz wieder gut arbeiten können (Giesert). Ein Nachhaltigkeitsgespräch nach zwei bis drei Monaten findet statt, um zu schauen, ob noch einmal nachgesteuert werden muss oder bisher alles zur Zufriedenheit gelaufen ist (Giesert).
Den Beitrag in voller Länge finden Sie hier:
Deutschlandfunkbeitrag „Burn-out, Depression – Zurück im Job nach psychischer Erkrankung“ vom 04.02.2023