Abhängigkeit (Sucht)

Eine Abhängigkeit ist oft mit dramatischen Schicksalen verbunden. Zusätzlich betrifft sie oft auch die Familie, Freund*innen oder Kolleg*innen. Diese Seite bietet Ihnen übersichtliche Informationen zu Abhängigkeiten. Sie soll dabei helfen, die Auswirkungen einer Abhängigkeit im Privatleben und im Berufsalltag zu bewältigen.

Ein riskanter Konsum von Suchtmitteln oder eine Abhängigkeit sind kein Randproblem in unserer Gesellschaft. In Deutschland sind viele Menschen betroffen:

  • Im Jahr 2021 wiesen 17,6 % der Erwachsenen (9 Millionen Personen) einen problematischen Alkoholkonsum auf, was Hinweise auf eine Abhängigkeit bietet.
  • 7,8 % (4 Millionen Personen) zeigten im Jahr 2021 einen problematischen Tabakkonsum.
  • 5,7 % (2,9 Millionen Personen) wiesen im Jahr 2021 einen problematischen Medikamentengebrauch auf.  

Auch schädigende Verhaltensweisen können zu einer Abhängigkeit führen, zum Beispiel Internet-, Computer oder Glückspielkonsum. Die Symptome und Verläufe können ähnlich schwer sein.

  • Schätzungsweise zwischen 0,2 – 0,6% der Erwachsenen leiden heute unter einer Glücksspielabhängigkeit.
  • Circa 8,4%der Jugendlichen (12 – 17 Jahre) bzw. 5,5% der jungen Erwachsenen (18 – 25 Jahre) zeigen heute problematisches Internet- und Computerspielverhalten.

Eine Abhängigkeit kann zu starken gesundheitlichen Problemen führen oder sogar tödlich enden. Dennoch ist der Konsum einiger Suchtmittel gesellschaftlich akzeptiert oder wird verharmlost, zum Beispiel der regelmäßige Konsum von Alkohol.

Quellen: IFT Institut für Therapieforschung, Epidemiologischer Suchtsurvey, 2021; Hoyer & Knappe, Klinische Psychologie & Psychotherapie, 2021; BZgA, Die Drogenaffinität Jugendlicher in der Bundesrepublik Deutschland 2019; Bundesministerium für Gesundheit, Jahresbericht 2021

Abhängigkeit FAQ

Expert*innen unterscheiden zwischen der substanzgebundenen Abhängigkeit (zum Beispiel Alkohol-, Medikamente-, Drogenabhängigkeit) und der verhaltensbezogenen Abhängigkeit (zum Beispiel Glücksspiel-, Computerspiel-, Internetabhängigkeit).

Eine Abhängigkeit wirkt sich auf den Körper und den Geist aus. Sie kann im Verlauf alle Lebensbereiche beeinflussen. Oft führt sie zu der Vernachlässigung von Interessen und alltäglichen Aktivitäten. Betroffene richten zum Teil ihr ganzes Leben auf den Konsum der Substanz bzw. auf die Verhaltensweise aus. Dadurch entstehen oft Probleme im Privatleben und im Berufsleben.

Bei der substanzgebundenen Abhängigkeit (zum Beispiel einer Alkoholabhängigkeit) können Betroffene die Häufigkeit des Konsums und die Menge des Suchtmittels nicht mehr kontrollieren. Auch bei der verhaltensbezogenen Abhängigkeit (zum Beispiel Internetabhängigkeit) ist das der Fall. Bei der verhaltensbezogenen Abhängigkeit kann häufig auch die Dauer des Konsums nicht mehr kontrolliert werden.

Die Abhängigkeit wird meist begleitet von starkem Verlangen nach dem Suchtmittel. Auch kann sich der Körper an das Suchtmittel gewöhnen. Beispielsweise wird für die gleiche Wirkung von Alkohol eine immer höhere Menge benötigt. Wird die Substanz nicht mehr konsumiert, treten körperliche Symptome auf (Entzugserscheinungen), beispielsweise Zittern oder Konzentrationsstörungen. Die Kriterien einer Abhängigkeit sind in der sogenannten ICD festgelegt. Laut ICD-10 wird eine Abhängigkeit anhand von sechs Kriterien definiert. 

Prinzipiell kann jede Person eine Abhängigkeit entwickeln. Bestimmte Persönlichkeitseigenschaften wie ein geringes Selbstwertgefühl, aber auch Umweltfaktoren wie Arbeitslosigkeit, soziale Faktoren oder genetische Faktoren erhöhen das Risiko für eine Abhängigkeit. Stabile familiäre Strukturen und Bindungen können hingegen einen Schutzfaktor darstellen. 

Eine Abhängigkeit bei sich oder bei anderen festzustellen, ist eine schwierige Aufgabe. Einen ersten Hinweis kann hierfür ein Selbsttest sein. Selbsttests kann man oftmals einfach online ausfüllen, wenn die betroffene Person einverstanden ist.  Diagnosen sollten dem Fachpersonal überlassen werden.

Zum Selbsttest:

Selbsttest für Alkoholabhängigkeit

Selbsttest für Glücksspielabhängigkeit

Eine Abhängigkeit kann (je nach Ausprägung) zu unterschiedlichen Auffälligkeiten am Arbeitsplatz führen:

  • Die Arbeitsleistung kann sich verschlechtern. Das heißt, Betroffene erledigen Arbeitsaufträge verzögert, die Qualität ihrer Arbeitsergebnisse sinkt oder sie machen mehr Fehler.
  • Es können sich höhere Fehlzeiten zeigen, das heißt Betroffene sind oft krank oder machen mehr Pausen. Es kann aber auch sein, dass Betroffene überdurchschnittlich lange arbeiten oder keine Pausen mehr einhalten.
  • Das soziale Verhalten gegenüber Vorgesetzen, Kolleg*innen oder Kund*innen kann sich verändern. Zum Beispiel können Konflikte auftreten, oder Betroffene werden unzuverlässig sein und haben häufig Stimmungswechsel. Betroffene können auch reagieren mit hoher Empfindlichkeit, Rückzug und Isolation.
  • Manchmal verharmlosen Betroffene einer Abhängigkeit ihr eigenes riskantes Gesundheitsverhalten und machen damit trotz gesundheitlicher und sozialer Probleme weiter. Oft lehnen sie Hilfeangebote und eine Behandlung ab.

Bei der Entstehung einer Abhängigkeit spielen

  • körperliche (biologische, genetische)
  • psychische und
  • soziale Faktoren

eine wichtige Rolle. Abhängigkeiten treten innerhalb einer Familie oft vermehrt auf. Deshalb geht man davon aus, dass Gene und auch das häusliche Umfeld das Risiko für eine Abhängigkeit erhöhen. Auch die Eigenschaften des Suchtmittels spielen eine Rolle bei der Entstehung einer Abhängigkeit, denn unterschiedliche Substanzen machen unterschiedlich stark abhängig.

Die „typische Abhängigkeit“ gibt es nicht. Manche Betroffenen erfüllen schon kurze Zeit nach dem erstmaligen Konsum einer Substanz (zum Beispiel Alkohol oder illegale Drogen) oder dem Ausüben einer Verhaltensweise (zum Beispiel Glücksspiel) die Kriterien einer Suchterkrankung. Viele Konsument*innen verfolgen aber auch über Jahre einen kontrollierten und somit risikoärmeren Konsum.

Das Eingeständnis der eigenen Abhängigkeit steht hier an erster Stelle. Danach kann professionelle Hilfe in Form von ambulanten Beratungsangeboten bis hin zur Psychotherapie den Betroffenen helfen. Werden bei Kolleg*innen oder Beschäftigten auffällige Verhaltensweisen wahrgenommen, zögern Sie nicht: Sprechen Sie die Person in einem vertrauensvollen Gespräch an, um sie zu unterstützen. Hilfe bieten zum Beispiel auch Suchtberatungen und Psychotherapie.

Idealerweise gibt es in Unternehmen ein „Gesamtkonzept“ zu Abhängigkeit:  

  • Vorbeugung (Prävention): Unter anderem Aufklärung der Beschäftigten über riskanten Konsum von Suchtmitteln und Angebote zur Reduktion des Konsums in Form von Seminaren (zum Beispiel Nichtraucher-Kurse).
  • Intervention: Unter anderem Handlungsempfehlungen für Vorgesetzte und Sensibilisierung der Personalverantwortlichen und Führungskräfte für die Wahrnehmung von Veränderungen bei Beschäftigten.
  • Beratung und Hilfe: Unter anderem Beratungsangebote für Beschäftigte mit riskantem Gesundheitsverhalten oder der Einsatz von Ansprechpersonen.
  • Einbindung in betriebliche Strukturen: Unter anderem Gründung einer Steuerungsgruppe für Suchtprävention sowie die Verknüpfung mit dem betrieblichen Gesundheitsmanagement

Arbeitgebende sollten ein vetrauensvolles Arbeitsklima gestalten, damit sich die Beschäftigten trauen, offen über ihre Beeinträchtigungen zu sprechen. Nur dann können auch die Arbeitsbedingungen angepasst und die individuelle Situation ggf. verbessert werden. Folgende interne Ansprechpersonen sollten besonders für den Umgang mit Beschäftigten mit psychischen Beeinträchtigungen sensibilisiert werden:

Zur Prävention empfiehlt sich der Aufbau eines ganzheitlichen Betrieblichen Gesundheitsmanagements, bei dem psychische Beeinträchtigungen und das Thema Abhängigkeit keine Tabuthemen sind. Mehr zum Aufbau eines Gesundheitsmanagements finden Sie hier. Hierzu gehört bspw. die Umsetzung einer Gefährdungsbeurteilung mit der Berücksichtigung von Suchtgefährdungen nach §5 ArbSchG sowie die professionelle Einführung eines Betrieblichen Eingliederungsmanagements, welches Hand in Hand geht mit der betrieblichen Suchtprävention. Unter www.dhs.de finden Sie bei der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen wichtige Informationen, die Sie beim Aufbau der betrieblichen Suchtprävention unterstützen.

Ja. Das Betriebliche Eingliederungsmanagement hat die Wiederherstellung, den Erhalt und die Förderung der Arbeitsfähigkeit zum Ziel und möchte Arbeitsplätze erhalten. Sollten Betroffene innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig gewesen sein, dann sollte der Betrieb zu einem BEM einladen. Informationen zum BEM finden Sie hier.  Im Rahmen des BEM muss der Datenschutz gewährleistet sein und es herrscht absolute Vertraulichkeit.

Sie müssen gewährleisten, dass allen BEM-berechtigten Personen (die länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig waren) ein BEM angeboten werden kann und dass hierfür ein*e professionelle*r Fallmanager*in zur Verfügung steht. Dabei ist eine gute Qualifizierung das A und O – vor allem auch beim Umgang mit psychischen Beeinträchtigungen und dem Thema Sucht.

Eine gute Zusammenarbeit zwischen BEM und Suchtprävention ist aufzubauen. Ob Sie schließlich das BEM intern oder extern organisieren, ist dabei Abwägungssache. Der Aufbau eines eigenen BEM-Teams mit Fallmanager*innen ist sicherlich erst bei mittelgroßen oder großen Betrieben angezeigt. Aber auch hier haben sich externe Angebote in der Praxis bewährt.

Sie sollten bei Ihrer Fallarbeit auch Auffälligkeiten, die auf eine Suchtthematik hindeuten, NICHT tabuisieren. Auch für Sie gilt Hinsehen und nicht Wegsehen. Tipps und Anregungen für ein erfolgreiches Gespräch können Sie dem HILFE-Konzept für Führungskräfte und BEM-Verantwortliche entnehmen. Sollten Sie es mit einem Suchtfall zu tun haben, arbeiten Sie eng mit der betrieblichen Suchtprävention zusammen und integrieren ein Stufenverfahren. Wie dies am besten gelingen kann, können Sie in der Broschüre "Qualitätsstandards in der betrieblichen Suchtprävention und Suchthilfe" der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen nachlesen.

Wichtig ist es auch, dass Sie sich regelmäßig weiterbilden. Die eigene Reflexion und Supervision sollten dabei nicht zu kurz kommen. Angebote hierzu finden Sie in unserer Suche nach Leistungen zum BEM und psychischen Beeinträchtigungen. Und denken Sie auch daran, Hilfeangebote im Kontext Sucht und psychischer Beeinträchtigung auch selbst zu nutzen. Expert*innen können Ihnen wertvolle Tipps für Ihre BEM-Arbeit geben und Sie auch beim persönlichen Umgang mit schwierigen Situationen unterstützen.

Für Sie als betriebliche Interessensvertretung gelten verschiedene Mitwirkungs-, Mitbestimmungs- und Kontrollrechte. Insbesondere beim BEM. Von daher ist es wichtig, dass Sie an einem professionellem BEM und bei der Umsetzung eines ganzheitlichen Betrieblichen Gesundheitsmanagements mitarbeiten bzw. auf die Umsetzung hinwirken. Beim Thema Sucht heißt dies auch, dass Sie an der Einführung eines Suchtpräventionsprogramms mitwirken und im Betrieb einen Stufenplan (Stufenverfahren) Sucht einführen. Am besten auch mit einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung. Hierzu gehört es auch, dass Sie mithelfen, das Thema Sucht aus der Tabuzone zu bringen. Hier finden Sie Informationen zu Möglichkeiten der Destigmatisierung. Im Einzelfall sind Sie wichtige Vertrauenspersonen, um die Interessen von BEM-berechtigten Personen bzw. Betroffenen zu schützen.

Als Führungskraft sind Sie direkte Ansprechperson für Betroffene und sollten von daher nicht passiv bleiben. Holen Sie sich von der betrieblichen Suchtprävention Unterstützung bzw. wenn eine solche nicht existiert, ziehen Sie Expert*innen mit heran, die Sie beim Vorgehen unterstützen und begleiten. Wichtige Informationen zum Umgang mit einer solchen Situation finden Sie bei der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (www.dhs.de). In der Praxis hat sich beim Umgang mit psychischer Beeinträchtigung insgesamt das HILFE-Konzept bewährt. Wichtig ist es, dass Sie sich Zeit für dieses wichtige Thema nehmen. Auf unseren Seiten finden Sie auch e-learning-Angebote zum Thema.