Belastungen und Arbeitsfähigkeit ermitteln
Wie hängen Arbeit und Gesundheit zusammen? Wann und warum kann Arbeit krankmachen? Und wann sogar die Gesundheit fördern? Auf dieser Seite finden Sie Informationen zu den Themen „psychische Belastung" und „Arbeitsfähigkeit". Es werden Analysen vorgestellt, die Ihnen helfen sollen, Ihre Belastungen am Arbeitsplatz und Ihre Arbeitsfähigkeit zu betrachten. Am besten geschieht dies zusammen mit den BEM-Verantwortlichen und Ihrer Führungskraft.
Erläuterungen
Unter psychischer Belastung werden alle von außen wirkenden Einflüssen verstanden, die auf einen Menschen wirken und diesen psychisch beeinflussen. Eine Belastung ist neutral. Es kommt darauf an, welche Beanspruchung ausgelöst wird.
„Psychisch beeinflussen" meint alle Ereignisse, die unser Erleben und Verhalten beeinflussen, wie zum Beispiel unsere Wahrnehmung oder unsere emotionalen Vorgänge.
Arbeitsbedingte psychische Belastung ergeben sich aus den Arbeitsbedingungen (siehe Grafik).
Das Ziel des BEM-Gesprächs ist die Ermittlung und Reduktion psychischer Belastung, die zu Fehlbeanspruchung führt.
Quelle: EN ISO 10075-1, 2018, S. 6
Die psychische Beanspruchung ist die direkte Auswirkung einer psychischen Belastung auf den Menschen in Abhängigkeit von seinem aktuellen Zustand. Beispiele für individuelle Voraussetzungen sind Alter, Geschlecht, Fertigkeiten oder auch individuelle Bewältigungsmöglichkeiten der Beschäftigten (siehe Grafik).
Eine Beanspruchung ist wertneutral. Sie kann angenehme und unangenehme psychische Reaktionen beinhalten.
Eine psychische Belastung kann kurzfristige und langfristige Folgen haben:
- Kurzfristige negative Folgen können zum Beispiel Ermüdung, Stress und ähnliche Zustände sein.
- Kurzfristige positive Folgen können zum Beispiel Motivation, Training und Lerneffekte sein.
- Langfristige negative Folgen von Beanspruchung können zum Beispiel Burnout, Fehlzeiten oder Kündigung sein.
- Langfristige positive Folgen können zum Beispiel die Erhöhung des Wohlbefindens sein.
Die psychische Belastung ist dann optimal, wenn negative Folgen vermieden und positive Effekte erreicht werden. Um diese optimale Ausprägung zu erreichen - und damit die Arbeitsfähigkeit wiederherzustellen, zu erhalten und zu fördern - muss die psychische Belastung im Rahmen des BEM-Gesprächs evaluiert werden.
Quelle: EN ISO 10075-1, 2018, S. 7; S. 11
Die Arbeitsumwelt wirkt als äußerer Einfluss auf den Menschen. Dieser Einfluss kann eine psychische Belastung sein. Er löst im Menschen eine kurzfristige Reaktion hervor, die angenehmen oder unangenehm ist.
Im BEM-Gespräch sollen Angaben über die Auswirkungen der psychischen Belastung auf den Menschen getroffen werden. Um das zu ermöglichen, müssen die äußeren Einflüsse betrachtet werden. Die äußeren Einflüsse werden weiter unterteilt in:
- Stressoren und
- Ressourcen.
Als Stressoren bezeichnet man Einflüsse, die bei fast allen Menschen zu einer unangenehmen Beanspruchung führen. Die negative Beanspruchung kann Folgen auslösen:
- Kurzfristig löst ein Stressor ein intensives, unangenehmes Gefühl der Anspannung aus. Dieses Gefühl wird als Stress bezeichnet.
- Mittel- oder langfristiger Stress kann zum Beispiel zu Veränderungen der Befindlichkeit, Angstzuständen, hohem Blutdruck, nervösen Magenschmerzen, steigendem Herzinfarktrisiko, sinkender Leistung oder Zunahme von Fehlern führen.
Als Ressourcen bezeichnet man die positiven Einflüsse, die bei fast allen Menschen zu einer angenehmen Beanspruchung führen können.
- Positive Beanspruchungen sind zum Beispiel Wohlbefinden oder Kreativität.
Im Unternehmen treten Ressourcen auf den Ebenen der Organisation, der Gruppen und der Person auf. Drei Ebenen betrieblicher Ressourcen:
- Organisatorische Ressourcen: Ein Beispiel für eine organisatorische Ressource ist der Handlungsspielraum.
- Soziale Ressourcen: Ein Beispiel für eine soziale Ressource ist die Unterstützung durch Kolleg*innen oder Vorgesetzte.
- Persönliche Ressourcen: Ein Beispiel für eine persönliche Ressource stellt die gute Qualifikation der Mitarbeitenden oder eine gute Stressbewältigungsstrategie dar.
Die Belastungsanalyse
Im Betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) ist es sinnvoll, sich psychische Belastungen am Arbeitsplatz genauer anzusehen. Vor allem die Belastungen sollen aufgedeckt werden, die zu Fehlbeanspruchung führen. So können die Gründe von Arbeitsunfähigkeit besser verstanden und beseitigt werden. Die Analyse psychischer Belastungen hilft auch dabei, Stress vorzubeugen und das Wohlbefinden der Beschäftigten zu erhöhen.
Vor der systematischen Diagnose der Belastung empfehlen wir die Tätigkeitsanalyse. So können Sie sich zunächst mit der betreffenden Tätigkeit vertraut machen:
- Welche Arbeitstätigkeit führt die*der Beschäftigte aus?
- Welche Aufgaben sind mit der Tätigkeit verbunden?
- Welche Beschäftigungsart und welcher -umfang liegen im betrachteten Falle vor?
- Wie genau sieht der regelmäßig ortsbezogene Arbeitsplatz der*des Beschäftigten aus?
- Liegen im betrachteten Fall besondere Charakteristika vor, wie z. B. Auszubildende*r, Teilzeitbeschäftigte*r o. ä.?
Um dann im Rahmen des BEM-Gespräches die psychische Belastung zu erheben, empfehlen wir den Einsatz des KFZA- Kurzfragebogen zur Arbeitsanalyse.
Das Belastungs-Beanspruchungs-Modell
Wie hängen eigentlich Arbeit und Gesundheit zusammenhängen, wann kann Arbeit krank machen und wann kann sie die Gesundheit fördern? Mit diesen Fragen befasst sich das arbeitspsychologische Belastungs-Beanspruchungs-Modell:
Arbeitsfähigkeit
Eine angemessene Gestaltung der Arbeit hat zum Ziel, optimale Arbeitsbedingungen für die Gesundheit und die Sicherheit, das Wohlbefinden, die Leistung und die Effektivität zu schaffen. Eine Überforderung und eine Unterforderung der Beschäftigten sollen verhindert werden. Das BEM-Gespräch bei dem insbesondere die psychische Belastung bewertet wird, bietet die Grundlage zur optimalen Gestaltung der Arbeitsbedingungen.
Aus der Unterteilung in Stressoren und Ressourcen lassen sich Empfehlungen für die Wiederherstellung, Erhaltung und Förderung der Arbeitsfähigkeit ableiten. Stressoren sollen reduziert oder beseitig werden. Ressourcen sollen gestärkt werden.
Arbeitsfähigkeit ist die Summe der Faktoren, die es einer Person in einer bestimmten Arbeitssituation ermöglichen, die gestellten (Arbeits-) Aufgaben erfolgreich zu erfüllen. Arbeitsfähigkeit wird bestimmt von der Person und der Arbeitssituation. Eine gute Arbeitsfähigkeit wird erreicht, wenn ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den arbeitsbedingten Belastungen und den individuellen Voraussetzungen besteht:
Im Fokus steht das Potenzial der Beschäftigten die Arbeitsaufgabe zu einem gegebenen Zeitpunkt zu bewältigen. Das Potenzial beinhaltet die Stärken und die Schwächen der Person.
Eine gute Arbeitsfähigkeit liegt bei einem ausgewogenen Gleichgewicht zwischen den Arbeitsanforderungen der Organisation und den individuellen Leistungsvoraussetzungen des Beschäftigten vor.
Besteht ein Ungleichgewicht zwischen den Arbeitsanforderungen der Organisation und den individuellen Leistungsvoraussetzungen ist die Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt. Die langfristigen Folgen schlechter Arbeitsbedingungen können Krankheiten und die Gefahr eines dauerhaften gesundheitlichen Schadens sein. Das Ungleichgewicht zwischen den persönlichen Voraussetzungen und der psychischen Belastung bei der Arbeit kann bei den Beschäftigten zu einer Fehlbeanspruchung führen. Es ist wichtig, dieses Ungleichgewicht zu erkennen, um zu wissen, was man tun kann, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern und die Gesundheit der Beschäftigten zu fördern. Dies liefert Ansatzpunkte für Maßnahmen zur Reduzierung von psychischer Belastung und für eine förderliche Arbeitsgestaltung.
Quelle: EN ISO 10075-2, 2000, S. 2
Die Arbeitsfähigkeitsanalyse
Zur Erfassung und Bewertung der aktuellen und zukünftigen subjektiven Arbeitsfähigkeit von Beschäftigten empfehlen wir den wissenschaftlich fundierten Work Ability Index (WAI) oder auch Arbeitsbewältigungsindex (ABI).